Schon seit 1984 wird in Österreich im Ligabetrieb American Football gespielt. Doch einen echten Schub hat der Ballsport in den Nullerjahren dieses Jahrhunderts erlebt, als sich österreichische Vereine reihenweise auch für europäische Wettbewerbe qualifizierten. Waren es zunächst die Amateure, so folgten die Erfolge auch auf professioneller Ebene. Den endgültigen Durchbruch schaffte der amerikanische Sport dann im Jahr 2011, als die Weltmeisterschaft in der Alpenrepublik ausgetragen wurde. Das steigende Niveau der österreichischen Akteure wurde 2014 sichtbar, als die Gastgebende Mannschaft sogar das Finale der Europameisterschaft erreichte. Heute führt American Football in Österreich längst kein Nischendasein mehr.

Die Frühphase

1984 war das Jahr, in dem American Football in Österreich in professionelle Bahnen gelenkt wurde: Denn in diesem Jahr wurde zum ersten Mal eine Meisterschaft zwischen den Clubs ausgespielt. Einer der ersten dieser Vereine hatte sich mit den „Vienna Ramblocks“ bereits 1978 gegründet. Schon kurz nach der Gründung der Vikings stellte man sich den konkurrierenden „Salzburg Lions“ entgegen. Das Spiel fand bei strömendem Regen statt und endete wenig schmeichelhaft für die Wikinger. In einer wahren „Gatsch-Schlacht“ ging man mit 0:50 im wahrsten Sinne des Wortes unter. Doch der Grundstein für eine stetige Weiterentwicklung war gelegt. Denn auf dieser frühen Entwicklung aufbauend, sind die sportlichen Erfolge auf europäischer Ebene zu erklären. Von der Jahrtausendwende ausgehend, etablierten sich österreichische Clubs zunehmend auch auf europäischer Ebene. besonders hervorzuheben ist die Siegesserie der Vienna Vikings, die von 2004 bis 2007 fünfmal in Folge mit dem Eurobowl den höchsten Titel im europäischen Amateur-Football errangen. Eine beeindruckende Serie, die erst 2014 zu Ende ging, als das Finale des Eurobowl zum ersten Mal seit 14 Jahren ohne einen österreichischen Teilnehmer auskommen musste.

Die WM im eigenen Land

Das bisher größte internationale Turnier in Österreich fand 2011 statt. Die Wahl für den Austragungsort der Weltmeisterschaft fiel auf die Alpenrepublik. Doch für den Gastgeber verlief die WM enttäuschend: Österreich belegte in seiner Gruppe nur den letzten Rang, gewann aber immerhin das Spiel um Platz sieben deutlich gegen Australien. Weltmeister wurden erwartungsgemäß die USA. Doch trotz des enttäuschenden Abschneidens der Österreicher: Insbesondere das Finale im Ernst-Happel-Stadion in Wien brachte der Sportart einen weiteren enormen Popularitätsschub.

Enorme Steigerung bei der Heim-EM

Nur drei Jahre später war Österreich erneut Austragungsort eines Großereignis. Bei der Europameisterschaft 2014 stimmte dann auch die sportliche Ausbeute: Österreich qualifizierte sich als Gruppenerster für das Finale und traf auf das Nachbarland Deutschland. Das Finale, wiederum im Ernst-Happel-Stadion vor 27.000 Fans ausgetragen, entschieden letztlich die Deutschen für sich. Doch das Ergebnis war denkbar knapp: Ein 30:27 Sieg sicherte den Deutschen den Titel. Der Footballbegeisterung in Österreich tat dies dennoch keinen Abbruch. Natürlich hat der Sport noch längst nicht den gleichen Stellenwert, wie er in den USA genießt. Die quasi-religiöse Aura des Super Bowl, der regelmäßig fast das gesamte Land vor dem Fernseher versammelt, ist etwas, von dem Spieler in Österreich nur träumen können. Die NFL mit ihrer enormen, medialen Aufmerksamkeit, die sich auch an den umfangreichen Wettmöglichkeiten messen lässt, scheint noch in weiter Ferne zu sein. Doch einen steilen Aufwärtstrend zeigt zum Beispiel Niederösterreich, wo sich die Zahl der Footballer zwischen 2010 und 2016 verdoppelt hat.

Umstrukturierung der Liga

Mit der erhöhten Aufmerksamkeit für den Sport, änderten sich auch die Verhältnisse in der österreichischen Liga. Zunächst kam es nach der Saison 2008 zu einer Reduzierung der Teams. Nur noch vier Mannschaften traten in der höchsten Österreichischen Spielklasse an. Doch auch diese Veränderung war nicht von großer Dauer: 2010 wurde die Liga dann wieder aufgestockt, sodass seitdem acht Teams den österreichischen Staatsmeister unter sich ausmachen. Mit den Prague Panthers nahm jahrelang eine tschechische Mannschaft am Wettbewerb teil, nun sorgen die Ljubiljana Silverhawks aus dem benachbarten Slowenien für europäischen Flair in der AFL. Auch international ist man gut aufgestellt. So qualifizierte sich das österreichische Nachwuchsteam 2016 für die Junioren-Weltmeisterschaften und durfte nach China reisen, wo die Zukunftshoffnungen gegen die ganz goßen Vorbilder aus den USA Erfahrungen sammeln konnten. Wie stark das Österreichische Juniorennationalteam ist, stellte es erneut eindrucksvoll bei der heurigen EM unter Beweis, wo man bereits zum 4. Mal in Folge (!) den Europa-Titel nach Österreich holen konnte. Und die zunehmende Professionalisierung hat auch Auswirkungen auf die Karrierechancen von Spielern, die bei österreichischen Vereinen unter Vertrag stehen. Zum Beispiel Vienna Vikings Football Academy Absolvent Precious Ogbeveon, der die große Chance erhielt, aufs New Mexico Military Institute JC zu wechseln, wo er ein Full Scholarship bekam. Ebenso Vikings Academy Graduate Bernhard Raimann, der sein volles Sportstipendium an der renommierten Central Michigan Universität in Kürze antreten wird.

Große Bandbreite als Basis für den Erfolg

Doch American Football ist in Österreich kein reiner Männersport. Auch das Flag Football der Damen erlebte in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Das Österreichische Damen Flag-Nationalteam kehrte erst vor wenigen Wochen von der Europameisterschaft mit Goldmedaillen heim. Zu einer festen Größe im österreichischen Flag Football haben sich mittlerweile die Dacia Vikings Vienna Ladies gemausert, die Ende September nur knapp die Meisterschaft verpassten.

Im Jahr 2017 lässt sich mit Fug und Recht feststellen, dass American Football in Österreich nicht nur akzeptiert und angekommen ist: vielmehr hat sich eine lebendige Vereinsstruktur entwickelt. Zahlreiche Jugendmannschaften in verschiedenen Altersklassen, Spieler die als Stipendiaten an amerikanische Universitäten gehen, um ihre Fähigkeiten auszubauen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zeigen. Ein ausgeklügeltes Merchandising der Vereine erinnert ebenfalls in Ansätzen bereits an die USA. Österreich ist längst zu einer Heimstätte des uramerikanischen Sports geworden. Nicht mehr nur die Übertragungen aus der NFL erzeugen Aufmerksamkeit, das Interesse an den heimischen Ligen und Akteuren ist so groß wie nie.

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2 COMMENTS

  1. 1984 und 0:50 gegen die Lions waren nicht die Ramblocks, sondern das allererste Spiel der Vikings!
    Auf einem gatschigen Acker irgendwo in Salzburg.
    Wir hatten wegen Lieferverzögerung noch keine Footballleibchen und spielten mit übergroßen Baumwoll-T-Shorts.
    Lustig wars!

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