Jessi Farthofer ist seit 2011 mit Leib und Seele eine Dacia Vikings Cheerleaderin. Als aktive Athletin bei den Allstars und als Coach beim Evolaxy Team dreht sich in ihrem Leben (fast) alles ums Cheerleading. Die mehrfache österreichische Meisterin im Cheer wäre ab dem Sommer in Finnland, dem neuen globalen Hotspot des Cheerleadings, wo sie ein Jahr lang leben und mit den Besten trainieren würde. Covid19 droht Jessi einen Strich durch die Rechnung zu machen, aber die 22jährige Wienerin lässt sich ihren Traum, Teil des finnischen Weltmeisterteams zu werden, vorerst nicht zerstören. Wir haben mit der Parade-Athletin über ihre derzeitige Situation und mögliche Zukunftsszenarien gesprochen.
Wie lange cheerst du schon? Wie und warum hast du angefangen?
Jessi: Ich habe im Herbst 2011 begonnen. Davor war ich Kunstturnerin beim SVS. Alina, derzeitige Athletin beim Vikings Fusion Team, war ebenfalls früher Turnerin. Durch sie bin ich aufs Cheerleading aufmerksam geworden und begann zu recherchieren. Ich habe mich dann für die Vikings entschieden und bin seither immer Purple And Gold gewesen.
Was bedeutet Cheerleading für dich?
Jessi: Cheerleading ist wie ein zweites zu Hause, eine zweite Familie. Ich verbringe so viel Zeit damit wie andere Menschen mit ihrem Job. Es challenged mich, lässt mich abschalten, ich verdanke dem Sport viele unbezahlbare Freundschaften und Erfahrungen, die ich anders nie gemacht hätte.
Eigentlich war es der Plan, dass du ab Sommer 2020 in Finnland bist, um dort zu leben und zu cheeren. Wie kam denn dieses Vorhaben ursprünglich zustande?
Jessi: Ich wollte immer schon ein Jahr in einem der besten Teams der Welt trainieren. Ursprünglich, als ich noch zur Schule ging, wollte ich immer an der University of Louisville trainieren. Doch dann lernte ich mehr über den Sport in Finnland und konnte mich damit einfach besser identifizieren. Die Finnen trainieren nicht unbedingt härter, sondern viel klüger. Wenn du zum Beispiel verletzt bist, ist es keine Frage, dass du zu Hause bleibst, während in anderen Ländern eher die Devise gilt „go hard or go home“. Finnen achten außerdem auf weit mehr als produktive Trainings. Sie legen großen Wert auf Regeneration und einen gesunden Lebensstil. All das machte Finnland in den letzten Jahren zum Cheerleading Hotspot der Welt, neben den beiden Weltmeistertiteln natürlich.
Durch Kontakte zu finnischen Athletinnen und Coaches, die bei uns zu Gast waren, entstand die Idee für ein Jahr in Finnland zu trainieren. Anfang Februar dieses Jahrs, also kurz bevor die derzeitige Situation eskalierte, reiste ich für eine Woche nach Helsinki. Ich besuchte Kayleigh, eine der besagten Coaches und Freundin von mir, und durfte mit den zwei besten Teams des Landes trainieren, HAC Elite und FTC Wildflyers. Ein unglaubliches Erlebnis, das mich in meinem Plan nach Finnland zu gehen umso bestärkt hat. Es erlaubte mir bereits Kontakte zu den Coaches und Athletinnen der Teams zu knüpfen und einen weiteren Schritt Richtung Finnland zu machen.
Wie würde deine Zeit in Finnland denn aussehen?
Jessi: Sollte sich die Lage rechtzeitig beruhigen, gehe ich von August 2020 bis Ende Juni 2021 nach Finnland. Mein Hauptmotiv ist natürlich das Cheerleading, aber nur davon werde ich kein Jahr dort leben können. Ich würde also nebenbei studieren und arbeiten. Konkretes ist diesbezüglich aber gerade auf Eis gelegt, da sich zur Zeit nichts planen lässt.
Finnland ist aktueller Weltmeister, und du wärst Teil des Nationalteams. Wurdest du dazu ausgewählt oder hast du dich beworben?
Jessi: Finnland ist zweifacher Weltmeister. Ich werde mich für das Nationalteam bewerben, die Tryouts finden im Spätsommer statt. Also noch steht das in den Sternen. Da Cheerleading leider immer noch kein anerkannter Sport ist, muss man keine entsprechende Staatsbürgerschaft besitzen, um im Nationalteam zu sein, man muss lediglich 6 Monate in diesem Land gelebt haben.
Siehst du eine Möglichkeit, deinen ausgedehnten Besuch in Finnland nachzuholen? Gibt es dazu schon Pläne?
Jessi: Sollte mir COVID-19 wirklich einen Strich durch die Rechnung machen, plane ich entweder im Winter nachzufliegen und in die zweite Hälfte der Saison einzusteigen oder ich verschiebe den ganzen Plan um ein Jahr. Ersteres würde aber bedeuten, dass ich mich nicht fürs Nationalteam bewerben könnte.
Langsam und schrittweise sollen die strikten Maßnahmen der Regierungen in den nächsten Monaten wieder gelockert werden; der Fahrplan legt die Vermutung bzw. Hoffnung nahe, dass auch gemeinsame Trainings im Sommer bzw. sogar Wettbewerbe im Herbst wieder möglich sein könnten. Worauf freust du dich dabei schon am meisten?
Jessi: Ich würde mich sehr freuen einen gemeinsamen Saison-Abschluss mit meinen beiden Teams (Evolaxy als Coach und Allstars als aktive Athletin) zu haben. Die Situation ist für uns gerade sehr hart und alle wiederzusehen und wieder in meine Normalität zurückzukehren, darauf freue ich mich am meisten.